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Bericht und Fotos vom 18. Juli Aktionstag in Stuttgart

Bericht von Solidarität und Klassenkampf Stuttgart & Region:

Unter dem Motto „Nicht auf unserem Rücken“ demonstrierten 400 Menschen am 18. Juli durch Stuttgart. Am Rand des Demozugs fanden immer wieder kleine Aktionen statt. In Redebeiträgen wurde das derzeitige Krisengeschehen aus unterschiedlichen Blickwinkeln thematisiert.

Mit Sonnenschein startete der Aktionstag in Stuttgart auf dem Marienplatz. Eine Vertreterin der Gewerkschaft ver.di thematisierte in der Auftaktrede die derzeitige Situation der Beschäftigten im öffentlichen Dienst und legte dar, dass die kommenden Verschlechterungen und Verunsicherungen in diesen Berufsfeldern innerhalb des kapitalistischen Systems nicht lösbar sind. Die Pläne der Betriebsgruppe der Stuttgarter Jugendhausgesellschaft, aktiv in die Tarifrunde im Herbst zu gehen und sich auf Warnstreiks vorzubereiten, hob sie als beispielgebende Antwort auf die Krisenpolitik hervor. Applaus gab es im Anschluss nicht nur für die Rede, sondern auch für die anwesenden Mitglieder der Betriebsgruppe, die mit eigenen Schildern auf ihren Kampf aufmerksam machten.

Es folgten VertreterInnen von Fridays for Future, die die Unmöglichkeiten der Lösung der Klimakrise im Kapitalismus betonten. Nach dem starken Aufschlag der Bewegung, bei dem es um die Einforderung von Klimaschutz ging, ginge es nun um die Herstellung von Klimagerechtigkeit: Ein Anspruch, der die Grundlagen der Profitwirtschaft in Frage stellt.
Anschließend sprach eine Vertreterin von, uns, „Solidarität und Klassenkampf“. Der Schwerpunkt des Beitrags war die Krise in der Metall- und Elektroindustrie, die Notwendigkeit von Klassenkampf und die Aussicht auf eine sozialistische Ordnung, die umso wichtiger in einer Situation wird, in der der Kapitalismus vor allem Perspektivlosigkeit hervorbringt.

Über die Tübinger Straße zog der Demonstrationszug in die Stuttgarter Innenstadt. Eine Transparentaktion des „Arbeitskreises Kritischer Sozialarbeiter*Innen“ an der Paulinenbrücke gegen Armut durch Kapitalismus, sorgte für gute Stimmung. Vor der Filiale von Galeria Kaufhof wurde ein Zwischenstopp eingelegt. Die Betriebsratsvorsitzende einer anderen Filiale der Kaufhauskette beleuchtete dabei die Situation der Beschäftigten in Stuttgart, sprach sich für breite Solidarität und den weiteren Kampf um die Arbeitsplätze aus. Parallel dazu klebten AktivistInnen Plakate an die großflächigen Schaufensterscheiben, zogen durch die Filiale und grüßten die KollegInnen mit Megafondurchsagen. Zugleich entrollten AktivistInnen ein großes Banner mit der Aufschrift „Jobs erhalten! Rene Benko enteignen! Kapitalismus schließen!“ von der Dachterrasse des Gebäudes.

Im weiteren Verlauf der Demo wurde das Reiterdenkmal auf dem Stuttgarter Karlsplatz vom Aktionsbündnis 8. März mit einem aus vielen Einzelteilen zusammengesetzten Riesenplakat verziert. Die Statue des ehemaligen Oberhaupt der Hohenzollern – Wilhelm I – wurde so kurzerhand zur Aktionsfläche für den Frauenstreik 2021. Die reaktionäre Tradition der Adelsfamilie ist bis heute aktuell: Erst vor wenigen Tagen bestätigte das im Familienbesitz befindliche Unternehmen Zollern GmbH + Co. zukünftig nicht mehr nach IG Metall-Tarif zahlen zu wollen.

Auf der Abschlusskundgebung im Stuttgarter Schlossgarten sprach eine Beschäftigte aus dem Klinikum Stuttgart zur Herausforderung nach der kurzen Welle der Aufmerksamkeit den Kampf für konkrete Verbesserungen der Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich zu führen – in den Einrichtungen und der Öffentlichkeit. Den Abschluss der Demonstration bildete ein Beitrag eines Vertreters von Refugees4Refugees, der die besondere Situation von geflüchteten Menschen und MigrantInnen in der aktuellen Krise betonte. Seine Antwort: Selbstorganisierter Kampf der Geflüchteten und MigrantInnen für ihre Interessen, gegen staatlichen Rassismus und die strukturelle Schlechterstellung. Dazu sei das Zusammengehen mit den linken Initiativen, die den gemeinsamen Kampf gegen den repressiven Staat und den Kapitalismus als Ganzes suchen und angehen unabdingbar.

Im Anschluss an die Demonstration kam es zu einem Flashmob beim Arbeitgeberverband Südwestmetall.
Die Demonstration war trotz viel Werbung und gutem Wetter relativ klein. Womöglich liegt dass daran dass wir uns noch in einer frühen Phase der Krise befinden. Viele Beschäftigte können noch hoffen sich irgendwie durchzuschlagen, die Welle der Betriebsschließungen, Entlassungen und Kürzungen wird mit dem Ende der Aussetzung der Insolvenzmeldepflicht im September noch heftiger werden.
Das bedeutet dass wir dran bleiben müssen. Nach Aktionen, Demos und Mobilisierungen ist vor Aktionen, Demos und Mobilisierungen. Wir werden nicht aufhören die Krisenabwälzung zu thematisieren und uns gegen sie zu organisieren.

Unser Redebeitrag:

Wir sind heute hier, um gegen die Krise zu demonstrieren. Aber was bedeutet diese Krise eigentlich Konkret in der Metall und Elektroindustrie? Der Daimler Konzern möchte Zehntausende Stellen streichen. Bosch fährt die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich runter, schließt Standorte, verlagert sie nach Ungarn und kürzt tausende Stellen.

Dutzende kleinere Unternehmen bauen ab, entlassen ArbeiterInnen und fahren Angriffe auf Sonderzahlungen und Urlaubsgelder. Unsere Solidarität gilt all denjenigen auf deren Rücken die Krise konkret ausgetragen wird. Den Belegschaften von Eberspächer, Komet, Flint, Bosch, Daimler und anderen – um mal in der Region Stuttgart zu bleiben. Aber auch bundesweit setzen die Eigentümer und ihre Manager die Schere an. Und das ist nur der Anfang, im September müssen sich insolvente Unternehmen wieder offiziell melden, es kommen also weitere Schließungen auf uns zu. Und Schließungen, Abbau von Arbeitsplätzen und Kürzungen bedeuten die Vernichtung von tausenden Existenzen. Was sagt das über diese Wirtschaft aus?

Wenn Unternehmen entlassen müssen, obwohl es doch die ArbeiterInnen und Angestellten sind, die die Profite erwirtschaften? Wenn die vielbeschworene Sozialpartnerschaft einfach so von Kapital Seite aufgekündigt werden kann, wenn schwere Zeiten anstehen? Wenn über das Leben von Menschen anhand von Profitberechnungen und Statistiken bestimmt wird? All 10 Jahre erlebt der Kapitalismus einen Crashs. Zwischen diesen Crashs gibt es Wachstum, aber dieses Wachstum führt letzten Ende zu neuen Crashs. Denn was bringen uns die in der Boom Phase entwickelten 20 neue Handyvarianten, wenn ich mir keine davon leisten kann? Was bringen normalen Menschen
Limousinen und Hochklassewägen? Einfach nur eine neue Krise. Und währenddessen, vor, in und nach diesen Krisen wird uns das alte Lied vorgesäuselt: „Die Soziale Marktwirtschaft ist auch für die Arbeitnehmer da“. Angesichts der Angriffe auf Arbeitsplätze, Einkommen, Rechte im Betrieb, ist das einfach Bullshit. Und wir sollten uns das endlich merken. Wir, die ArbeiterInnenklasse werden benutzt für ihren Profit. Wenn sie uns nicht mehr brauchen werden wir entlassen, wenn sie uns noch ein bisschen brauchen wir ihnen aber zu teuer sind, sollen unsere Löhne und Rechte gekürzt werden. Diese Lehre sollten wir aus der Krise ziehen. Und dann auch deren Konsequenzen:
Denn uns vereint nichts mit den Chefs, Vorsitzenden, Besitzenden, Managern, Bossen und ihren Helfern. Wir stehen in einem unvereinbaren Widerspruch zu ihnen. Ihre Profite – oder unsere Leben.

Ihr System hat abgewirtschaftet, fährt in bestechender Regelmäßigkeit an die Wand. Es ist schon lange Zeit für ein neues. Hierfür brauchen wir Bewusstsein, Kraft, Ausdauer. Eine gerechtere, demokratischere und sichere Gesellschaft fällt nicht vom Himmel. Der Sozialismus muss von uns erkämpft werden, oder es gibt ihn nicht. Wir stehen am Anfang einer solchen Bewegung und oft kämpfen wir auf verlorenen Posten gegen die Schweinereien, die dieses System alltäglich produziert. Und doch sollten wir jeden dieser Angriffe auf unsere Rechte, jeden Krieg, jede Form von Hetze und Ausschluss, jede Kürzung und jede Form von Ausbeutung und alltäglicher Gewalt zum Anlass für unseren Kampf für eine neue Gesellschaft nehmen. Die Angriffe auf die Belegschaften in Metall und Elektro Bereich sind ein solcher Anlass. Wir wollen ihnen begegnen, wir wollen im Kampf gegen sie lernen. Wir wollen und müssen bei Streiks und Aktionen mit unseren KollegInnen zusammen stehen, Aktionen machen, uns bilden. Wir wollen und müssen uns wehren. Wir wollen und müssen mit der Klasse und für die Klasse Kämpfen.

Egal ob bei Bosch oder Eberspächer, bei Daimler oder Airbus: Wer nicht kämpft, der hat schon verloren. Und wer kämpft der kann auch Stolz untergehen. Aber er kann auch gewinnen. Deshalb: Für Solidarität und Klassenkampf! Für den Sozialismus!